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Was kann eine doppelte Gründüngung, das eine einzelne nicht kann?

Jil Schuller

Aktualisiert: 24. Jan.

Zwei Gründüngungen nacheinander machen den Boden gar und verhindern Unkraut effektiv. Eine doppelte Gründüngung, der damit verbundene Mehraufwand und der Verzicht auf eine Hauptkultur ist nicht günstig. Simon Jöhr ist aber davon überzeugt, dass es sich dabei um eine gute Investition handelt: «Man investiert in einen gesunden Boden, gesunde Bestände und Kulturen, die Freude bereiten.»


Artikel von Jil Schuller, publiziert in der BauernZeitung vom 28. August 2024


Gründüngung regenerative Landwirtschaft
Doppelte Gründüngung - viele Fliegen mit einer Klappe. Bild: Alex von Hettlingen

Das Hauptziel einer doppelten Gründüngung sei «mitunter» der Humusaufbau, gibt Simon Jöhr Auskunft. Doch es gehe ebenso darum, Beikräuter in Schach zu halten. «Man schlägt damit viele Fliegen mit einer Klappe», sagt der Fachmann, der Landwirte in der Umsetzung der Regenerativen Landwirtschaft berät und selbst seit Jahren Erfahrungen damit sammelt.


Gar heisst nicht fein

Gründüngungen schützen den Boden vor Erosion genauso wie vor starker Hitze. Das gilt auch für doppelte Gründüngung. Im Gegensatz zu einer Mischung, die im Herbst gesät und im Frühling terminiert wird, trägt die Abfolge zweier Gründüngungen mit jeweils einer anschliessenden Flächenrotte viel dazu bei, den Boden «gar» zu machen, so Simon Jöhr. Gar sei dabei nicht zu verwechseln mit fein, betont der Fachmann: «Ein garer Boden ist belebt von Mikroorganismen und positiven Bakterien, Mykorrhiza-Pilzen und mehr.» Fein im Sinne von pulvrig hingegen könne fatal sein, wenn der Boden seine Krümelstruktur verloren hat.


Die Regenerative Landwirtschaft versteht Unkraut als Zeigerpflanzen. Arten wie Blacken, Winden oder Disteln würden physikalische Probleme lösen und daher im garen Boden nicht auftreten, schildert Simon Jöhr. Mit einer doppelten Gründüngung sei es ihm schon gelungen, einen windenverseuchten Standort zu sanieren.


Pumpen bis zur Blüte

Die erste Gründüngung wird wie gewohnt nach der Ernte von beispielsweise Getreide oder Kartoffeln gesät. «Das Feld nur flach bearbeiten und dann mit einer Direktsaatmaschine die Mischung unter dem Bearbeitungshorizont in den Boden bringen», empfiehlt Simon Jöhr. Er habe gute Erfahrungen mit dem Dominanzgemenge von Sativa gemacht, einer schnellwüchsigen und stark deckenden Mischung mit 16 Komponenten (u. a. Buchweizen, Öllein, Sommerfutterraps, Sommerroggen, Sonnenblumen und Kleearten). «Die Gründüngung ist so lange wertvoll, wie sie Vollgas Assimilate in den Boden pumpt», hält der Berater fest. Das bedeute maximalen Nährhumusaufbau. Das sei der Fall, bis die Pflanzen ins generative Wachstum übergehen, also zu blühen beginnen. «Gründüngungen sind keine Blühstreifen», gibt Jöhr zu bedenken.


Gründüngung regenerative Landwirtschaft Alex von Hettlingen
Die Gründüngung ist so lange wertvoll, wie sie Vollgas Assimilate in den Boden pumpt. Bild: Alex von Hettlingen

Generell wird das Abstoppen vor der Blüte empfohlen, um ein Versamen der Gründüngungspflanzen zu verhindern. Aus regenerativer Perspektive kommt die erwähnte Überlegung zu den Wurzelausscheidungen dazu. Ausserdem soll die Gründüngung zerkleinert und durch oberflächliche, lockere Einarbeitung – und allenfalls unter Zugabe von Fermenten – zur Flächenrotte gebracht werden. «Zuerst liegen viele Zucker vor, die von Bakterien abgebaut werden», beschreibt Simon Jöhr die Vorgänge während der Rotte. Das Resultat seien grössere Mengen organischer Säuren, dank derer wenig Nährstoffe gasförmig verloren gingen. «Dann kommen die Pilze ins Spiel und der Boden beginnt, süsslich zu riechen», fährt der Fachmann fort.


Als Faustregel gilt nach Beginn der Flächenrotte eine Wartefrist von etwa zehn Tagen, bevor neu gesät werden kann. Der süssliche Geruch der Erde markiert den richtigen Zeitpunkt. «In den ersten Tagen liegen viele Pflanzensäfte vor und die Saat würde nicht auflaufen.»


Wertvolle Kreuzblütler in der Gründüngung

Die zweite Gründüngung soll die Fläche über den Winter bedecken und sollte daher nicht abfrieren. Typische Arten darin sind Grünschnittroggen, Inkarnatklee, Wicken oder Winterraps. «Die Mischung sollte mindestens acht Arten enthalten», bemerkt Simon Jöhr. Neben Gräsern und Leguminosen seien Kreuzblütler wertvoll, da sie besonders viele Nährstoffe binden könnten. Solange ihr Anteil in der Mischung fünf Prozent nicht übersteige, sei auch mit Raps in der Fruchtfolge nicht mit Problemen zu rechnen.


Wie die erste kann nach regenerativem Rezept auch die zweite Gründüngung mit einer Flächenrotte terminiert werden. «Man orientiert sich für den passenden Zeitpunkt einerseits am Saattermin der Folgekultur, aber auch an der Phänologie», erläutert Simon Jöhr.



 

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Der Boden sollte für eine Bearbeitung mindestens acht Grad warm sein, damit das Bodenleben aktiv genug ist. Die Blüte der Forsythie sei ein guter Hinweis für das richtige Timing. «Ist der Boden zu kalt, entstehen vor allem kurzkettige Nährstoffverbindungen. Das ruft in erster Linie Unkräuter auf den Plan», so Jöhr. Um den überwinterten Gründüngungspflanzen den Garaus zu machen, müsse man sauber arbeiten – sprich schneiden –, fährt er fort. Oder warten, bis der Roggen im Mai blüht (z. B. vor Mais). Dann könne ein Durchgang mit der Messerwalze ausreichen.


Wenn das Wetter nicht mitspielt

Und was ist, wenn das Wetter keine Flächenrotte der ersten Gründüngung zulässt und die Saat der zweiten verhindert? «Dann bleibt die erste über den Winter. Sie friert zwar ab, aber das geht», meint Simon Jöhr. Je nachdem sei es später noch möglich, mit Doppelrädern und einer Direktsaatmaschine die zweite in die stehende erste Gründüngung zu säen.


Gründüngung Samenmischung
Vielfältige Samenmischung für eine Gründüngung.

Auf jeden Fall sei die Blüte abzustoppen, notfalls durch hochgestelltes Mähen oder Mulchen, oder indem mit dem Kreiselheuer die Blütenköpfe abgeschlagen werden. «Die Wundheilung der Pflanze gibt via Wurzelexudate nochmals einen Pfupf in den Boden.»


In der Breite statt der Höhe

Trotz der Funktion als schützende Bodenbedeckung sieht Simon Jöhr möglichst viel Blattmasse bei der Gründüngung nicht als Ziel: «Möglichst hoch ist nicht das Beste, denn dem Boden bringt die Wurzelmasse am meisten.» Er selbst sei klein mechanisiert, säe daher lieber dichter und setze auf Masse in der Breite statt in der Höhe. Das habe auch Vorteile für die Unkrautunterdrückung, etwa von Hirsen.

Doppelte Gründüngung regenerative Landwirtschaft
Gründüngungen sind keine Blühstreifen und sollten vor der Blüte gestoppt werden. Bild: Ruth Aerni

Die Kosten für eine doppelte Gründüngung und der damit verbundene Mehraufwand lassen sich nicht wegdiskutieren. Simon Jöhr ist aber davon überzeugt, dass es sich eher um eine gute Investition statt um negative Mehraufwände handelt: «Man investiert in einen gesunden Boden, gesunde Bestände und Kulturen, die Freude bereiten.»




Der Beitrag ist Teil einer Serie der BauernZeitung zu regenerativer Landwirtschaft.


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